14.05.24
Erfahrungsbericht Elektroheizungen - ein Einfamilienhaus mit Flächenspeicherheizungen beheizen
Elektroheizungen im Einsatz – eine Familie gibt Einblick in 3 Jahre Heizen mit Flächenspeicherheizungen
Originalartikel vom 03.05.22 - zuletzt aktualisiert am 14.05.2024
Ich bin Ralf M.* (42) und lebe mit meiner Frau Sabine (40) und unseren Jungs Niklas (12) und Moritz (8) seit dem Frühjahr 2021 im eigenen Haus, besser gesagt in der eigenen Doppelhaushälfte. Unser Zuhause liegt im Erzgebirgsvorland in einer Kleinstadt nahe Chemnitz. In diesem Blogbeitrag berichte ich von unseren Erfahrungen mit Flächenspeicherheizungen im sanierten Altbau-Einfamilienhaus.
* Namen, Orte etc. wurden zum Schutz der Familie anonymisiert
Das Gebäude
Das freistehende Doppelhaus wurde 1927 errichtet und befindet sich in einer Eigenheimsiedlung in einer ruhigen Nebenstraße. In dieser Lage ist es meist nur schwachem Wind ausgesetzt. Die tiefste Außentemperatur in einem normalen Winter liegt bei -14 °C.
Vor dem Einzug haben wir das Haus grundlegend sanieren lassen. Die aus DDR-Zeiten stammende veraltete Elektrik, mit teilweise noch Aluleitungen, war für die geplante Nutzung nicht ausreichend. Deshalb erfolgte eine komplette Neuinstallation aller Haupt- und Nebenleitungen. Jeder Raum erhielt neben der normalen Verkabelung auch einen eigenen abgesicherten Heizungsanschluss.
Die bestehende vorgehangene hinterlüftete Fassade ist mit Mineralwolle gedämmt. Zusätzlich wurden die Außenwände mit einer Innendämmung aus 30 mm Hartschaumplatten versehen. Die alten Holzfenster ließen wir durch moderne Kunststofffenster mit Doppelverglasung ersetzen. Eine Zwischensparrendämmung aller Dachflächen realisierten wir durch 240 mm dicken Klemmfilz (WLG035). Zusätzlich dazu verbauten wir eine 24 mm Untersparrendämmung. Auch die Fußböden im Erdgeschoss (über Keller und Tiefgarage) sowie im Obergeschoss und Dachgeschoss wurden gedämmt.
Räume und verbaute Heizungen
In unserem Haus mit etwa 150 m² Wohnfläche haben wir aktuell 10 Flächenspeicherheizungen in 9 Räumen installiert; bis Dezember 2023 waren es noch 9 Elektroheizungen in 8 Räumen. Vor dem Kauf der Heizkörper berechneten wir den spezifischen Wärmebedarf jedes Raumes mithilfe eines Wärmebedarfsrechners, der sich an die DIN 4701 anlehnt. Das geht relativ fix, da man nur 6 Fragen zum Haus und 6 zum Raum beantworten muss.
Im Anschluss suchten wir uns die passenden Flächenspeicherheizungen aus. Sehr vorteilhaft ist, dass man für jede Örtlichkeit den passenden Heizkörper bekommt. Daher haben wir eine bunte Mischung aus Standard, hohen und niedrigen Elektroheizungen gewählt. Im Wohnzimmer entschieden wir uns beispielsweise für einen großen Heizkörper, in den Bädern für hohe IP24-Heizkörper mit Handtuchhalter und im Dachgeschoss mit niedrigem Drempel für einen flachen Heizkörper auf Laufrollen. Wir kauften dabei stets Elektroheizungen mit einer höheren Leistung als errechnet. In den offenen Bereichen wie dem Flur und dem Arbeitszimmer sogar mit deutlich höheren Leistungen.
Bei Flächenspeicherheizungen ist es wichtig, die Heizleistung großzügig zu bemessen – lieber etwas mehr als zu wenig. Eine Heizung mit zu niedriger Wattzahl im Vergleich zum berechneten Wärmebedarf kann zwar die gewünschte Temperatur erreichen, muss dafür jedoch ständig auf maximaler Leistung laufen. Dies vermindert die Vorteile dieser Heizungsart. Die Speicherwirkung der Schamottesteine, bei der 15 Minuten Stromzufuhr für 60 Minuten Heizleistung sorgen, wäre nicht mehr gegeben. Der Stromverbrauch würde steigen und könnte beispielsweise 30 oder mehr Minuten Stromzufuhr erfordern, wodurch die Heizleistung aus dem Speicher entsprechend reduziert wird.
Exkurs: Kalkulation des Stromverbrauchs und der Kosten für das Heizen mit Flächenspeicherheizungen
Um eine grobe Schätzung der jährlichen Stromkosten zu erhalten, wenn man mit Strom heizt, kann folgendes einfache Kalkulationsschema genutzt werden.
- Gesamtleistung aller Heizungen ermitteln: Die Gesamtleistung aller Heizkörper im Haushalt wird addiert. Beispielsweise könnte dies 15.600 Watt betragen, was 15,6 kW entspricht.
- Täglichen Stromverbrauch berechnen: Die Gesamtleistung wird mit der durchschnittlichen täglichen Heizdauer multipliziert. Beispiel: 8 Stunden täglich bei 15,6 kW resultieren in 124,8 kWh pro Tag.
- Effektive Laufzeit berücksichtigen: Flächenspeicherheizungen verbrauchen nach Herstellerangaben nur etwa 25 % ihrer Heizzeit Strom. Daher wird der tägliche Verbrauch mit 0,25 multipliziert, was 31,2 kWh pro Tag ergibt.
- Jährlichen Stromverbrauch für das Heizen bestimmen: Der tägliche Stromverbrauch wird mit der Anzahl der Heiztage multipliziert. In der üblichen Heizperiode in Deutschland vom 1. Oktober bis 30. April sind dies 212 Tage. Das Beispiel ergibt einen Gesamtverbrauch von ca. 6.614,4 kWh.
- Kosten für das Heizen berechnen: Die verbrauchten kWh werden mit dem vertraglich vereinbarten Preis pro kWh multipliziert. Beispiel: 6.615 kWh x 0,30 € ergibt 1.984,50 € für die Heizkosten.
- Weiteren Stromverbrauch hinzurechnen: Zum Stromverbrauch für das Heizen wird der erwartete Haushaltsstromverbrauch sowie der Stromverbrauch für die Warmwasseraufbereitung addiert. Bei einer vierköpfigen Familie im Eigenheim könnte dies laut Stromspiegel bei etwa 4.000 kWh jährlich liegen. Mit dem Verbrauch für das Heizen und einem kleinen Puffer ergibt das im Beispiel 11.000 kWh Gesamtverbrauch.
- Gesamtkosten kalkulieren: Der Gesamtverbrauch wird mit dem kWh-Preis multipliziert und der Grundpreis des Versorgers hinzugefügt. Beispiel: 11.000 kWh x 0,30 € plus 200 € ergibt 3.500 €.
- Monatlichen Abschlag berechnen: Die Gesamtkosten werden durch 12 geteilt, um den monatlichen Abschlag zu bestimmen. Beispiel: 3.500 € / 12 ergibt etwa 292 € pro Monat (für Haushaltsstrom + Heizkosten).
Unser tatsächlicher Stromverbrauch fürs Heizen
Der sicherlich interessanteste Punkt im Erfahrungsbericht ist unser tatsächlicher Stromverbrauch für das Heizen. Zur Überwachung des Verbrauchs wurde monatlich der Gesamtverbrauch des Hauses notiert und die Verbrauchsübersicht für die Elektroheizungen in der App genutzt. In der App kann ich die täglichen, monatlichen oder jährlichen Verbrauchsdaten jedes Heizkörpers abrufen.
In den Übersichten unten habe ich den monatlichen Verbrauch pro Raum dokumentiert und die jeweiligen Nutzungsjahre nebeneinander gestellt. Unsere Nutzungsjahre erstrecken sich von Mai bis April. Die dargestellten Zeiträume umfassen Mai 2021 bis April 2024. Um einen Zusammenhang zum Wetter herzustellen, habe ich auch die durchschnittlichen monatlichen Maximaltemperaturen hinzugefügt. Bemerkenswert ist, dass seit unserem Einzug jedes Jahr wärmer war als das vorherige. Laut Wetterdaten war 2023 in Deutschland das wärmste Jahr seit 1881.
Unsere Kosten fürs Heizen
Kosten im Jahr 1
Im ersten Jahr in unserem neuen Haus haben wir Strom von einem Ökostrom-Anbieter zum Preis von 24,25 Cent pro kWh bezogen. Für den Betrieb der Flächenspeicherheizungen benötigten wir von Mai 2021 bis April 2022 insgesamt 5.668 kWh Strom. Die Heizkosten für unser Einfamilienhaus beliefen sich somit auf 1.374 EUR im ersten Jahr.
Kosten im Jahr 2
Der Krieg in der Ukraine und die damit verbundene Preisexplosion am Energiemarkt hatten erhebliche Auswirkungen auf unsere Heizkosten im zweiten Jahr. Der Preis pro kWh stieg von den ursprünglichen 24,25 Cent auf:
- 40,7 Cent pro kWh von Mai bis Dezember 2022 (Verbrauch: 1720 kWh)
- 32,1 Cent pro kWh von Januar bis April 2023 (Verbrauch: 3015 kWh)
Im zweiten Nutzungsjahr konnten wir den Verbrauch für Heizstrom um 933 kWh reduzieren. Hier hatte neben dem sehr langen warmen Herbst 2022 vor allem die bessere Nutzererfahrung Einfluss. Wir haben uns noch besser an die Steuerung und Programmiermöglichkeiten gewöhnt und diese effektiv verwendet. Die Gesamtkosten im zweiten Jahr betrugen 700 EUR für Mai bis Dezember 2022 und 968 EUR für Januar bis April 2023. Bei einem Gesamtverbrauch von 4.735 kWh beliefen sich unsere Heizkosten im zweiten Nutzungsjahr auf 1.668 EUR.
Kosten im Jahr 3
Im dritten Nutzungsjahr wechselten wir zu einem lokalen Anbieter, der uns 32,8 Cent pro kWh berechnete. Wir konnten unseren Stromverbrauch im Vergleich zum Vorjahr nochmals deutlich senken. Dies gelang durch eine effektive Nutzung unserer Elektroheizungen und natürlich den ungewöhnlich hohen Temperaturen dieses Jahres. Gerade die warme Witterung sorgte dafür, dass wir an weniger Tagen heizen mussten und an den Heiztagen weniger stark. Von Mai 2023 bis April 2024 lag unser Verbrauch bei 4.215 kWh. Unsere Heizkosten summierten sich im dritten Jahr somit auf 1.383 EUR.
Kostenvergleich mit Nachbarn
Wir haben unsere Heizkosten einmal mit denen unserer Nachbarn verglichen, die eine zentrale Gasheizung nutzen. Allein beim Vergleich der reinen Betriebsmittelkosten sind wir mit Strom leicht günstiger gefahren. Berücksichtigt man zusätzlich die Kosten für Wartung der Heizungsanlage, den Schornsteinfeger und ähnliche Ausgaben, zeigt sich, dass unsere Methode des Heizens klar die wirtschaftlichere war.
In unserem Blogartikel "kWhel vs. kWhth - Elektroheizung oder Gasheizung" gehen wir detailliert auf den Vergleich zwischen elektrischer Heizung und Gasheizung ein. Der Artikel widerlegt auch das Vorurteil, dass Heizen mit Strom immer wesentlich teurer ist.
Unser Fazit nach 3 Jahren Heizen mit Flächenspeicherheizungen
Wir sind nach 3 Nutzungsjahren mit unseren Elektroheizungen und dem Stromverbrauch sehr zufrieden.
- Der beworbene Wärmemix mit 60 % Konvektion und 40 % Strahlungswärme ist tatsächlich super angenehm. Es ist eine andere Wärme, als wir sie von unserer alten Gas-Zentral-Heizung gewohnt waren. Wesentlich wohliger und raumdurchdringender.
- Die 25 % Stromverbrauch für eine Stunde Heizen mit Flächenspeicherheizungen stimmen tatsächlich. Unsere Kalkulation ging mehr als auf, wurde sogar übererfüllt.
- Wir
nutzen die smarte Schnittstelle, welche an unserem Router angeschlossen
ist, und uns die Steuerung per Handyapp ermöglicht. Für uns eine
optimale Lösung, da sich alle Einstellungen jederzeit und von jedem Ort
vornehmen lassen.
Im Winter haben wir z. B. während eines Zoobesuchs gemerkt, dass wir nach dem Lüften die Heizungen nicht wieder angeschaltet hatten. Anstatt dann in ein kaltes Zuhause zurückkehren zu müssen, zückten wir einfach das Handy und schalteten die Heizungen aus der Ferne wieder ein. - Einen riesigen Unterschied zur Zentralheizung macht die Möglichkeit, jeden Heizkörper individuell programmieren zu können. Wir haben für jeden Raum eigene Heizprogramme eingestellt. Bei Bedarf passen wir diese im Handumdrehen per App auch mal an. Durch die Heizprogramme wird garantiert, dass wir absolut bedarfsgerecht heizen. Sind wir nicht zu Hause oder nutzen während des Tages im Homeoffice z. B. andere Räume so gut wie nie, laufen diese auf unserer ECO-(Absenk-)Temperatur von 17 °C. Dies spart jede Menge Energie, ohne dass wir auf etwas verzichten müssen.